Diese Geschichte ist abenteuerlich: Auf ihrem Weg in die Friedensstadt stibitzt Punch Agathe das 10 Meter lange Schwert des Hermannsdenkmals im Teutoburger Wald, um es – als Zeichen des Friedens – mit Bürgerinnen und Bürgern aus Osnabrück vor dem Rathaus zu zerlegen. Hinter der Produktion steckt ein internationales Künstler-Team, das derzeit in den Räumen der ehemaligen Filmpassage Werkstatt und Atelier eingerichtet hat. Zusätzlich zu der riesigen Marionette, die über einen großen Autokran mit mehreren Seilen gespielt wird, entstehen hier neue Figuren für die Aufführung.
„Wir freuen uns, dass das Jubiläumsprogramm jetzt nach etwa drei Jahren Vorbereitungszeit losgeht. Das Projekt „Punch Agathe“ steht beispielhaft für die über 50 Beteiligungsprojekte, die durch die Förderung der Stadt Osnabrück in diesem Jubiläumsjahr ermöglicht werden“, sagt Wolfgang Beckermann, Erster Stadtrat der Stadt Osnabrück und Vorstand für Bildung, Kultur und Familie. „Die Beteiligung der Jugend ist ein Schwerpunkt dieses Jubiläums. Deswegen freuen wir uns besonders über die Kooperation von Punch Agathe und der städtischen Musik- und Kunstschule“, sagt Patricia Mersinger, Leiterin des Fachbereichs Kultur und Projektleiterin Jubiläum 2023.
In der Vorbereitung vor Ort haben vier Kurse mit insgesamt rund 30 Kindern und Jugendlichen mitgewirkt. Zum Thema Frieden, aber auch zu den Themen Gewalt, Krieg und Leid gestalteten sie kleine Objekte, die im Inneren des riesigen Schwertes Platz finden. „Eines unserer zentralen Anliegen besteht darin, Kindern und Jugendlichen Selbstbewusstsein durch Kreativität zu vermitteln. Die unmittelbare Nachbarschaft zum Künstler-Kollektiv in der Filmpassage und der damit verbundene direkte Austausch ist für unsere Schülerinnen und Schüler ungeheuer motivierend, da sie sehen, welche Energien Kunst freisetzen und was sie bewirken kann“, sagt Martin Fenner, Leiter der Kunstwerkstatt der Musik- und Kunstschule der Stadt Osnabrück.
„In diesen Zeiten ist ein künstlerisches Statement zum Thema Frieden nicht einfach. Unser Zeichen soll sein, unterschiedlichste Menschen zusammenzubringen und gemeinsam das Leben zu feiern“, sagt Florian Rzepkowski, Leiter des Figurentheaters Osnabrück. Begleitet wird Punch Agathe unter anderem von der kongolesischen Rapperin Orakle, den Snuff Puppets aus Australien, diversen Künstlerinnen und Künstlern aus Argentinien, Deutschland, Frankreich, Spanien, dem legendären Rabbatz Orchestra aus dem Ruhrgebiet, der Osnabrücker Musikerin Shabnam Parvaresh aus dem Iran, den hysterischen Friedenstauben aus Krakau, dem Fuck-Border-Hippo aus Kinshasa und anderen Kreaturen, die sich über Mauern und menschgemachte Grenzen hinweg weltweit für eine friedlichere Welt einsetzen. „Es wird groß, laut und divers. Es soll diese Stadt und ihr Selbstverständnis als Friedensstadt widerspiegeln. Grenzenlos“, sagt Stefanie Oberhoff, künstlerische Leiterin von „Punch Agathe“.
Hintergrund: Punch Agathe
„Punch“ heißt „Kasper“ im englischen Sprachraum. „Gezeugt“ wurde die 16 Höhenmeter messende, weißhäutige weibliche Marionette in Melbourne, erstmals 2018 präsentiert bei der australischen Gruppe „Snuff Puppets“. Deren Arbeit ist eine Mixtur aus Bildender Kunst, Skulptur, Design, Technik, Musik, Bewegung, Performance und Körpertheater. Im Mittelpunkt stehen Marionetten – manchmal wunderschön; manchmal grotesk – und die unvorhersehbaren Arten, wie sie zum Leben erweckt werden. Aber auch andere Tiere und andersartige Figuren.
Die Stuttgarter Künstlerin Stefanie Oberhoff, bildende Künstlerin, Regisseurin, Figurenspielerin und Dozentin an der Hochschule für Musik und Darstellende Kunst Stuttgart, nahm die Marionette der Punch Agathe mit nach Kinshasa (Demokratische Republik Kongo), um mit dem Zentrum Espacemasolo daran weiter zu arbeiten. Hier wurde Agathe schwarz. Und es entstand eine internationale Zusammenarbeit zwischen den Institutionen in Australien, dem Kongo und Deutschland.
2019 wurde dem Projekt der Tanz- und Theaterpreis der Stadt Stuttgart und des Landes Baden-Württemberg verliehen.