Der Friedenspreis
Alle zwei Jahre vergibt Osnabrück den Erich-Maria-Remarque-Friedenspreis.
Erich-Maria-Remarque-FriedenspreisIm Weltbild der Nationalsozialisten, dass durch Rassismus und die Vorstellung einer homogenen Volksgemeinschaft geprägten war, blieb kein Platz für politisch Andersdenkende, für pazifistische oder kommunistische Meinungen und vor allem nicht für literarische Werke jüdischer Menschen. Entsprechend verboten die Nationalsozialisten tausende Bücher jüdischer und politisch unliebsamer Autorinnen und Autoren.
In geplanten und inszenierten Aktionen verbrannten sie im Laufe des Jahres 1933 – insbesondere vertreten durch Studenten und Professoren – mehrfach die von ihnen verbotenen Bücher. Am 10. Mai 1933 fand die größte dieser Bücherverbrennungen öffentlich in mehreren Städten gleichzeitig statt. Die nationalsozialistischen Studenten nannten sie eine „Aktion wider den undeutschen Geist“.
In Osnabrück erinnert seit 1986 am Rande des Wohngebietes Hof Hanesch ein Mahnmal des Künstlers Dominikus Witte an die Bücherverbrennungen. Die sieben Straßen des Wohngebietes sind nach Autoren benannt, deren Werke vernichtet wurden.
In Osnabrück selbst haben keine Bücherverbrennungen stattgefunden. Die Stadtbibliothek hatte jedoch bereits mit der Machtübergabe an die Nationalsozialisten im Januar 1933 entsprechende Werke eigenständig entfernt.
Eine Informationstafel neben dem Mahnmal führt die Namen der Autorinnen und Autoren auf, deren Werke verbrannt und verboten und nach denen in Osnabrück Straßen benannt wurden.
Das Mahnmal „Verbrannte Bücher“ des Künstlers Dominikus Witte ist ein mehrteiliges Ensemble, das am Rand eines Regenrückhaltebeckens neben dem Wohngebiet Hof Hanesch am Haster Weg in Osnabrück steht.
Den Sockel bildet ein stilisierter Scheiterhaufen aus Büchern, die durch große Buchstaben symbolisiert werden. Dieser Scheiterhaufen erinnert an die Scheiterhaufen des Jahres 1933, deren Flammen viele Bücher zum Opfer fielen.
Aus dem Sockel erwachsen aus silbrig glänzendem Edelstahl die Umrisse einer lodernden Flamme, die eine menschenähnliche Stele aus dem Naturstein Anröchter Dolomit „umzüngeln“.
Dem Mahnmal liegen die Worte Heinrich Heines zu Grunde: „Dort wo man Bücher verbrennt, verbrennt man am Ende auch Menschen.“
Die menschenähnliche Stele auf dem Sockel, umschlossen von Flammen, steht für diese von Heine beschriebenen Menschen, die durch ihre besondere Nähe – als Autor/ Autorin oder ideologisch – zu den verbotenen Werken in unmittelbarer Gefahr durch die Nationalsozialisten waren.
Ein wenig abseits des Mahnmals stehen drei weitere Stelen aus Anröchter Dolomit. Diese Stelen lassen unterschiedlichste Interpretationen zu. Erinnern sie an weitere verfolgte Menschen? Oder an die Menschen, die wegschauten? Symbolisieren sie gar die Täter? Die Stelen selbst treffen darüber keine Auskunft. Ebenso wenig wie das Äußere eines Menschen Auskunft über dessen politische Gesinnung gibt. Diese Ambivalenz der Interpretation zeigt auch, dass die Täter und Unterstützer des nationalsozialistischen Regimes keine fremden Personen waren, sondern dass sie Teil der sogenannten Mitte der Gesellschaft waren.
Bertold Brecht wurde in Augsburg geboren, arbeitete Anfang der 1920er Jahre in München und Berlin, bevor er 1924 endgültig nach Berlin zog. Er verfasste vor allem lyrische und dramatische Texte. In den 1920er Jahren begründete er die literarische Gattung des Epischen Theaters, das mit neuen Verfremdungseffekten das Publikum auf die Missstände der bestehenden Gesellschaft aufmerksam machen sollte. Bertold Brecht und seine Familie verließen das nationalsozialistische Deutschland unmittelbar nach dem Reichstagsbrand vom 27. Februar 1933. Sie hielten sich in Prag, Wien, Zürich, Paris und Dänemark auf, bevor sie schließlich 1941 in die USA flohen. Nach dem zweiten Weltkrieg kehrte die Familie nach Deutschland zurück. Bertold Brecht hatte die Hoffnung, die DDR könne seinen Traum eines sozialistischen Deutschlands verwirklichen und ging nach Ost-Berlin, wo er 1956 starb.
Alfred Döblin wurde als Kind einer jüdischen Familie in Stettin (Polen, Szczecin) geboren. Nach der Trennung der Eltern 1888, zog die Mutter mit den Kindern nach Berlin. Alfred Döblin studierte zunächst in Berlin, später in Freiburg Medizin und arbeitete anschließend als Psychiater. Nebenbei verfasste er auch epische Texte. Er meldete sich als Freiwilliger im Ersten Weltkrieg. Nach dem Krieg trat er der USPD bei, verfasste politische und satirische Texte. 1929 erschien sein wohl bekanntester Roman „Berlin Alexanderplatz“.
Bereits 1921 hatte er Charlotte Niclas kennengelernt, mit der er mehrere Kinder bekam. Nach dem Reichstagsbrand 1933 ging Döblin, auch auf Anraten seiner Freunde, ins Exil in die Schweiz. Kurz darauf folgte ihm seine Familie. Da er in der Schweiz nicht als Arzt praktizieren durfte, emigrierte die Familie schon bald nach Frankreich, wo ihnen die Sprachbarriere zu schaffen machte. Mit der Zuspitzung der weltpolitischen Lage engagierte Döblin sich für die französische Propaganda gegen die deutschen Nationalsozialisten. Nach dem Einmarsch der Wehrmacht nach Frankreich 1940 floh die Familie in die Vereinigten Staaten. Dort konvertierte Döblin zum katholischen Glauben, schrieb an Drehbüchern für Hollywood mit, verarmte dann aber und war auf Unterstützung verschiedener Organisationen und Freunde angewiesen. Bereits 1945 kehrte die Familie nach Deutschland zurück, verließ das Land aber 1953 wieder und zog nach Frankreich.
Lion Feuchtwanger wurde als Sohn einer jüdischen Familie in München geboren. Er studierte in München und Berlin. Nach dem Ersten Weltkrieg lernte er Berthold Brecht kennen und entdeckte dessen Talent. Die beiden blieben bis zum Tod befreundet. 1925 gelang ihm mit seinem Roman „Jud süß“ der Durchbruch. Er arbeitete als Journalist, Dramatiker und konzentrierte sich später auf historische Romane. Er zeigte nicht nur den vorherrschenden Antisemitismus auf, unter dem er selbst als Jude litt, sondern erkannte bereits früh die Gefahr, die von der NSDAP ausging. Fast erschreckend prophezeiend beschrieb er Bücherverbrennungen, wie die Nationalsozialisten sie 1933 inszenierten. Da er während des Reichstagsbrandes auf einer Vortragsreise war, blieb er im Ausland. Von den Nationalsozialisten verfolgt und auf Hitlers erster „Ausbürgerungsliste“ geführt, reiste er nicht wieder nach Deutschland ein. Zunächst lebte er mit seiner Frau im Exil in Südfrankreich. Seine Werke waren so erfolgreich, dass er auch im Exil ein gutes Auskommen hatte. Er schrieb weitere Texte, auch als das Paar in die USA floh. Auch dort waren seine Werke von Erfolg gekrönt. Außerdem verkaufte er einige Rechte zur Verfilmung seiner Werke. Er wurde nach dem Krieg auch in den USA beobachtet wegen seiner politisch linken Haltung. 1958 starb er in Kalifornien.
Marieluise Fleißer wurde in Ingolstadt geboren und wirkte dort die meiste Zeit ihres Lebens. Die Stadt spielte auch in vielen ihrer Werke eine große Rolle. Sie studierte ab 1920 Theaterwissenschaften und Germanistik in München und verfasste dramatische und epische Texte. Die Nationalsozialisten verboten die Komödie „Pioniere in Ingolstadt“, sowie den Roman „Mehlreisende Frieda Geier“, die sich beide mit patriarchalen Hierarchien befassen. 1935 heiratete sie Josef Haindl. Anstatt sich weiter dem Schreiben widmen zu können, musste sie in dessen Tabakwarengeschäft mitarbeiten. Marieluise Fleißer blieb trotz der Repressalien durch die Nationalsozialisten in Deutschland, obwohl sie hierdurch und durch ihre beengende Ehe bedingt, 1938 einen Nervenzusammenbruch erlitt. 1943 wurde sie als Hilfsarbeiterin im Kriegsdienst eingesetzt.
Nach dem Tod ihres Mannes 1958 löste sie sein Tabakwarengeschäft auf und widmete sich wieder, teils erfolgreich, ganz dem Schreiben. Fleißer starb am 2. Februar1974 in Ingolstadt.
Claire Goll, geb. Clara (oder Klara) Aischmann, wurde als Tochter eines jüdischen Hopfenhändlers in Nürnberg geboren. Ab 1892 lebte die Familie in München. 1918 erschienen ihr erster Gedichtband „Mitwelt“ und der Erzählband „Die Frauen erwachen“. 1921 heiratete sie den französischen Schriftsteller Yvan Goll. Die Wohnung der beiden in Paris wurde zum Treffpunkt für verschiedene Künstlerinnen und Künstler ihrer Zeit. Zwar lebten die beiden zeitweise getrennt voneinander, flohen allerdings 1939 nach Ausbruch des Zweiten Weltkrieges vor den Nationalsozialisten gemeinsam nach New York. In New York lebten sie vor allem von journalistischen Arbeiten. Nachdem sie 1947 nach Paris zurückkehrten, war Claire Goll weitestgehend in Vergessenheit geraten. Auch neuere Werke blieben nahezu unbeachtet. Ein Streit mit Paul Celan brachte Claire Goll neue Aufmerksamkeit sowie ihre Memoiren „Ich verzeihe keinem. Eine literarische Chronique scandaleuse unserer Zeit“. 1977 starb Claire Goll in Paris.
Heinrich Mann wurde in Lübeck geboren. Er war der ältere Bruder von Thomas Mann. Als sein bekanntestes Werk gilt wohl „Der Untertan“, in dem Mann die preußische Kaisertreue sowie den Kaiser selbst in einer satirischen Darstellung hinterfragt und kritisiert. „Der Untertan“ wurde daher im Kaiserreich verboten. Mann hatte den Ersten Weltkrieg in dieser Satire gewissermaßen prognostiziert. Bereits 1933 ging Mann ins Exil nach Frankreich. Er hatte sich für das Zusammenwirken der Kommunistischen Partei Deutschland und der Sozialdemokratischen Partei Deutschlands gegen die Nationalsozialisten eingesetzt und stand auf der ersten Ausbürgerungsliste der Nationalsozialisten von 1933. Auch wurde ihm die deutsche Staatsbürgerschaft aberkannt. 1940 verließ er Nizza und floh in die USA, wo er 1950, vor seiner geplanten Rückkehr nach Ostberlin verstarb.
Nelly Sachs wurde in Berlin geboren. Sie besuchte verschieden Schulen und befand sich nach ihrem Abschluss 1908 auf Grund einer ausgeprägten Anorexie in psychologischer und psychiatrischer Behandlung.
Nelly Sachs begann zu schreiben, insbesondere in der Lyrik brachte sie ihre Gefühle zum Ausdruck. Als jüdische Familie litt Familie Sachs unter dem zunehmenden Antisemitismus und ab 1933 unter den Repressalien des nationalsozialistischen Regimes. Einige Familienmitglieder konnten fliehen, andere kamen im Konzentrationslager um. Nelly Sachs und ihrer Mutter gelang 1940 die Flucht nach Schweden, wo Nelly Sachs auch Texte in der Landessprache veröffentlichte.
Nach dem Krieg arbeitete sie als Übersetzerin. Gemeinsam mit Samuel Josef Agnon (1888 – 1970) erhielt sie 1966 den Literaturnobelpreis.
1970 starb sie nach weiteren Aufenthalten in psychiatrischen Kliniken an einer Krebserkrankung.
Reinhold Schneider wurde in Baden-Baden geboren. In dem Hotel seiner Eltern wohnten vor dem Ersten Weltkrieg der deutsche Kaiser und seine Frau während ihrer regelmäßigen Aufenthalte in Baden-Baden. Durch den Ersten Weltkrieg geriet das Hotel in finanzielle Schwierigkeiten und musste schließen. Reinhold Schneider machte zunächst eine kaufmännische Ausbildung und begann dann zu schreiben. In seinen Werken prangerte er die Ideologie der Nationalsozialisten an. Auch während der Herrschaft der Nationalsozialisten blieb Schneider im inneren Exil und schrieb Gedichte, die unter der Hand weitergereicht wurden. Er war Teil des christlich-konservativen Widerstandes.
Die Nationalsozialisten beschuldigten Reinhold Schneider des Hochverrates, doch bevor es zur Verhandlung und zur Verurteilung kam, endete der Zweite Weltkrieg und die Herrschaft der Nationalsozialisten. Nach dem Ende des Krieges setzte Schneider sich gegen die Remilitarisierung Deutschlands ein. Die Friedensaufrufe des gläubigen Katholiken erreichten ein breites pazifistisches Publikum. 1958 starb Reinhold Schneider an den Folgen eines Sturzes in Freiburg.
Anna Siemsen wurde als Tochter eines evangelischen Pfarrers im heutigen Hamm geboren. Sie arbeitete als Privatlehrerin, studierte Germanistik, Philosophie und Latein in verschiedenen Städten und promovierte in Bonn. Nach dem Ersten Weltkrieg war sie zunächst Mitglied der USPD und später Mitglied der SPD, für die sie auch von 1928 bis 1930 als Abgeordnete im Reichstag saß. Innerhalb der SPD gehörte sie zum linken und pazifistischen Flügel. Bereits ab 1923 lehrte sie als Honorarprofessorin an der Universität Jena. Da sie eine Petition zugunsten von Prof. Emil Julius Gumbel unterzeichnet hatte, einem Pazifisten und Gegner des Faschismus, wurde ihr 1932 ihre Professur durch den nationalsozialistischen thüringischen Volksbildungsminister entzogen.
Im Folgejahr emigrierte sie in die Schweiz und engagierte sich dort in der Sozialdemokratischen Partei. Nach dem Ende des Zweiten Weltkrieges lehrte sie Literatur und Pädagogik an der Universität Hamburg, bis sie 1951 in Hamburg verstarb.
Bertha von Suttner wurde als Kind einer Adelsfamilie in Prag geboren. Sie wuchs in der Monarchie in Österreich-Ungarns und einer durch Militarismus geprägten Gesellschaft auf. Bertha von Suttner war Pazifistin und Friedensforscherin. 1889 erschien ihr Roman „Die Waffen nieder!“, in dem sie den Krieg und seinen Schrecken aus der Sicht einer Ehefrau schilderte. Sie nahm an Friedenskongressen teil und beteiligte sich am internationalen Diskurs über Militarismus und Pazifismus. Gleichzeitig engagierte sie sich in der internationalen Frauenbewegung und setzte sich für die Gleichberechtigung der Geschlechter ein. Sie hielt Vorträge und bildete sich auf Reisen weiter, wie der Kampf für den Frieden aussehen könnte. Sie betrachtete die internationale Zusammenarbeit, in Form von Verträgen und landesübergreifenden Gerichten für essentiell notwendig, um Frieden zu erreichen. Immer wieder warnte sie die Gesellschaft angesichts der Industrialisierung der Kriegsführung vor einem drohenden Vernichtungskrieg. 1905 erhielt sie den Friedensnobelpreis. Kurz bevor der Erste Weltkrieg tatsächlich begann, starb Bertha von Suttner an ihrer Krebserkrankung. Die Nationalsozialisten verbrannten und verboten ihre Werke.
Kurt Tucholsky wurde in Berlin geboren. Schon als Schüler verfasste er journalistische und satirische Texte. Er engagierte sich nach seinem Schulabschluss für die SPD, verfasste weitere journalistische Artikel, aber auch erste Erzählungen. Nach seiner Promotion zu Beginn des Jahres 1915 musste Tucholsky als Soldat im Ersten Weltkrieg kämpfen. Zu Beginn der Weimarer Republik setzte er sich für die aufstrebende Demokratie ein, zeigte sich antimilitaristisch, beobachtete die konservativen und rechten Strukturen in Politik und Justiz und kritisierte sie in einer Vielzahl verschiedener Texte. 1929, schon lange bevor Hitler 1933 zum Reichskanzler ernannt wurde, zog Tucholsky nach Schweden, da er sich in seiner publizistischen Arbeit in Deutschland immer mehr eingeschränkt fühlte. Trotzdem publizierte er aus Schweden kaum noch, obwohl er das politische Geschehen in Deutschland weiterhin verfolgte und in Briefen kommentierte. Am 21. Dezember 1935 starb Tucholsky in einem Krankenhaus in Göteborg (Schweden) in Folge einer Überdosis von Schlafmedikamenten. Ob diese Überdosierung beabsichtigt oder versehentlich erfolgte, ist nicht sicher geklärt.
Stefan Zweig wurde in Wien als Sohn einer wohlhabenden jüdischen Familie geboren, die ein Textilunternehmen führte. Bereits während seines Studiums der Philosophie veröffentlichte er Gedichte und seine erste Novelle. Nachdem er 1917 aus dem Militärdienst entlassen wurde, den er in dem österreichischen Kriegsarchiv leistete, beobachtete er die politischen Entwicklungen im Deutschen Reich und in Österreich zunehmend besorgt. 1934 reiste Zweig nach London ins Exil. Mit einer Sondergenehmigung Hitlers wurde die Oper „Die schweigsame Frau“ von Richard Strauss, für die Zweig den Text verfasst hatte, in der Dresdener Oper aufgeführt. Kurz darauf wurde sie allerdings aufgrund des jüdischen Autors verboten. Ab 1935 zählte Stefan Zweig zu den verbotenen Autoren. 1940 erhielt er die britische Staatsbürgerschaft, emigrierte aber nicht nach Großbritannien, sondern reiste mit dem Pass über verschiedene Stationen nach Brasilien. Er litt bereits seit Jahren unter Depressionen. Im Februar 1942 nahm er sich gemeinsam mit seiner Frau in den Bergen nördlich von Rio de Janeiro das Leben.