„Wie gern hätte ich Sie, sehr geehrte Frau Ulitzkaja, in ausgelassener und heiterer Stimmung in unserem Friedenssaal begrüßt“, sagte Pötter während des Empfangs. „Wie gern hätten wir zusammen den wegweisenden Frieden gefeiert, der hier vor 375 Jahren auf der Rathaustreppe verkündet wurde. Aber solche heitere Stimmung mag sich nicht einstellen angesichts des Krieges in der Ukraine. Unter diesen, uns allen bekannten Umständen verleihen wir heute, am 125. Geburtstag Erich Maria Remarques, den nach dem Schriftsteller benannten Friedenspreis, der mit seinem Antikriegsklassiker „Im Westen nichts Neues“ über Nacht zu Weltruhm kam. Mit dieser Ehrung soll gerade in einer Zeit, in der Krieg in Europa ist, ein Signal verbunden werden: ein Signal des Friedens!“
Die Oberbürgermeisterin sagte weiter: „Ja, wir erlauben uns in der Tat, Sie, sehr geehrte Frau Ulitzkaja, eine Russin mit einem Friedenspreis zu ehren, weil wir damit auch verdeutlichen wollen, dass nicht 'die' Russen für den Krieg in der Ukraine verantwortlich sind. Wir wollen mit dieser Auszeichnung auch verdeutlichen, dass es eine Kollektivschuld nicht gibt […] Wie schwierig Ihre Position ist, als gebürtige Russin in Deutschland zu leben und den Feldzug Ihres Landes zu kritisieren, können wir uns kaum vorzustellen.“ Pötter erinnerte an die Romane Remarques, die eben dieses Verständnis dem Leser nahe bringen. Und sie erläuterte auch die Entscheidung der Jury: „Wir wollten uns auf diese Weise zu diesem völkerrechtswidrigen Krieg positionieren. Wir haben jemanden gesucht, der diesen Konflikt selbst austrägt und aushält – selbst nicht nur Beobachter, sondern Betroffener ist. Und wir wollten mit dieser Ehrung zeigen, dass dieser Krieg uns alle angeht.“
Anschließend trug sich Ljudmila Ulitzkaja in Anwesenheit zahlreicher Gäste in das Goldene Buch der Stadt ein und betonte in ihrem Statement die Bedeutung der Kultur im Verhältnis zur Politik.